Vor einigen Monaten habe ich nach Dienstschluss eine sehr junge Frau in der Umkleide gesehen. An der Kleidung konnte ich erkennen, dass es sich um eine Praktikantin handelt. Sehr wahrscheinlich machte sie gerade ein Schülerpraktikum.
Da ich mich für andere Menschen interessiere und gerne wissen will, wie sie denken, habe ich sie einfach angesprochen und gefragt, ob sie Praktikantin sei und wo sie eingesetzt ist.
Gerne gab sie mir die Auskunft und während sie von ihrem Praktikum erzählte, leuchteten ihre Augen und ich konnte mir bildlich vorstellen, wie sie auf der Station ihre Arbeit tut.
Während sie erzählte und ich ihr zuhörte, gingen meine Gedanken auf Wanderschaft. Ich wurde um Jahre zurückgeworfen und musste an meine Erlebnisse als Praktikantin im Krankenhaus denken. Mein erstes Praktikum im Krankenhaus machte ich als 17-jährige auf einer internistischen Station. Auf der einen Seite war die Station voller kranker Menschen und Vollpflegefällen, aber auf der anderen Seite habe ich dort soviel gelernt und mitgenommen. Damals habe ich auch die Entscheidung getroffen, Medizin zu studieren. Ebenfalls konnte ich mich noch gut daran erinnern, wie wichtig ich mir vorgekommen bin – ich leiste einen Beitrag dazu, dass Menschen gesund werden. Natürlich kann ich heute ein wenig über meinen Enthusiasmus schmunzeln. Die folgenden Jahre und die Arbeit im Gesundheitswesen hat mich schnell geerdet.
Aber wenn ich heute Praktikanten sehe, die voller Motivation ihre Arbeit tun und dankbar sind, wenn andere Menschen ihnen was beibringen, muss ich an mich selbst denken. Auch bei mir gab es viele Pfleger und Pflegerinnen, viele Ärzte und Therapeuten, Reinigungskräfte und Schreibkräfte, die mich auf meinem Weg begleitet und mich immer wieder ermutigt haben.
Wenn ich heute im OP-Saal einen Praktikanten oder Schüler habe, der seine Arbeit gut macht, der sich bemüht, auch wenn er noch ganz am Anfang seiner Ausbildung ist, nehme ich mir immer wieder aufs Neue vor: Diese Person soll eines Tages auf diesen Einsatz zurückblicken und sagen können, dass sie viel gelernt und mitgenommen hat und dass sie sich von mir ernstgenommen und wertgeschätzt gefühlt hat.