Es tut mir Leid, dass ich mich schon lange nicht mit einem Beitrag gemeldet habe. Wie ihr bereits mitbekommen habt, arbeite ich in der anästhesiologischen Abteilung, die auch die operative Intensivstation betreut. Dementsprechend sehe ich eine Vielzahl von unterschiedlichen Menschen und Krankheitsbildern. Einige dieser Patienten sind unmittelbar nach der Operation zur Überwachung bei uns und verlassen zügig die Intensivstation, wiederum andere haben einen etwas längeren Prozess und erfreuen uns länger mit ihrer Anwesenheit. Andere kommen im Rahmen ihres Aufenthalts bei Komplikationen zu uns und eine Anzahl der Patienten verlässt die Intensivstation nicht lebend.
Das ist der normale Prozess und der Alltag. Wenn jemand in das Krankenhaus kommt hat er ein gesundheitliches Problem, keiner kommt in das Krankenhaus, weil es ihm gut geht und er gesund ist (eine Schwangerschaft und Geburt zählen hier selbstverständlich nicht hinein). Im Allgemeinen besteht ein kurativer Ansatz, d. h. der Mensch, der in das Krankenhaus kommt, hat den Wunsch, behandelt zu werden und im besten Fall wieder gesund zu werden. Diesem Wunsch entsprechen wir auch sehr gerne, da das die Hauptaufgabe unser Arbeit und unseres Verständnisses als Ärzte, Pflegekräfte und medizinisches Personal ist. Doch wie gestaltet sich die Sachlage, wenn man am Ende eines Weges angelangt ist und die Entscheidung getroffen werden muss, welche Richtung eingeschlagen werden muss?
Ich habe in meiner Tätigkeit als Ärztin viele Menschen gesehen, deren Überlebenswille unglaublich ist, die kämpfen und siegen und ihre Krankheit überwinden können. Aber ich habe auch sehr viele Menschen gesehen, deren Überlebenswille und Mut nicht ausgereicht hat, gegen die Erkrankung zu kämpfen. Genauso oft habe ich Angehörige gesehen, die in der Position standen, in der sie über weitere Maßnahmen und Therapien im Sinne des Patienten entscheiden müssen und ich kenne keinen, dem die Entscheidung leicht gefallen ist, auch wenn sie Entscheidungen nie allein und endgültig treffen müssen.
Ich habe festgestellt, dass es unterschiedliche Arten von Menschen gibt. Meines Erachtens kommt es immer auf die Perspektive an. Die Perspektive, die die Menschen und der Patient haben. Jedem Einzelnen ist eine Entscheidung, wie der weitere Weg sich gestalten soll, schwer gefallen, allerdings haben die einen die Entscheidung im Frieden mit sich treffen können, die anderen konnten sich nicht zu einer Entscheidung durchringen, bis die Umstände ihnen die Entscheidung abnahmen. Ich habe lange darüber nachgedacht, was der Grund ist.
Jeder Mensch ist anders und nimmt jede Situation anders wahr. Allerdings sah ich, dass die Menschen, deren Perspektive ausschließlich auf das Leben gerichtet ist, eher hoffnungsloser und schwerer mit dem Lebensende und dem Tod umgehen konnten. Die Menschen, deren Hoffnung auf das Leben nach dem Tod, auf die Ewigkeit gerichtet war, konnten mit traurigem und schmerzendem Herzen ein „Ja“ zum Lebensende finden und einen Frieden darüber verspüren.
Dies alles hat mich in den letzten Monaten immer wieder aufs Neue beschäftigt. Und ich muss wieder aufs neue feststellen, dass es in diesem Leben auf die Hoffnung des ewigen Lebens ankommt. Wenn wir auf dieser Erde ohne diese Hoffnung leben, werden wir zwangsläufig an dem Konstrukt scheitern, weil das Leben zum Scheitern verurteilt ist. Es ist die Perspektive Ewigkeit, die uns durchträgt durch alle Schwierigkeiten und das Leid, bis wir im dem Land ohne Ende, dem Ort ohne Abschiede sind.